Bundestagswahl 2025: Erste Einschätzungen des DZ BANK-Research
Die Bundestagswahl ist entschieden. Doch was bedeutet das Wahlergebnis für die deutsche Wirtschaft, für die weitere politische Ausrichtung und für die Finanzmärkte? Das DZ BANK-Research ordnet das Wahlergebnis ein.

Wähler strafen Ampel ab: Mehrheit für klare Wirtschaftswende gibt es aber nicht
Die Ampel wurde abgewählt und die Wähler haben klar für einen Politikwechsel gestimmt. Eine deutliche Wirtschaftswende, die Deutschland so dringend braucht, hat aber keine Mehrheit bekommen. Das Ergebnis der CDU/CSU ist am unteren Ende der Erwartungen, die FDP klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die politischen Ränder sind gestärkt aus der Wahl hervorgegangen. AfD und Linke haben zusammen eine Sperrminorität und können so künftig wichtige Vorhaben blockieren.
Positiv ist, dass es mit Schwarz-Rot für ein Zweierbündnis reichen wird. Das spricht für zügige Verhandlungen. Negativ ist, dass die demokratische Mitte im neuen Bundestag nicht über eine Zweidrittelmehrheit verfügen wird. Für eine Reform der Schuldenbremse wäre man, neben den Stimmen der Grünen, auch auf die Zustimmung der Linkspartei angewiesen. Sie hat schon angekündigt, höhere Verteidigungsausgaben nicht zu unterstützen.
Insofern dürften Europäische „Defence Bonds“ zur Finanzierung der notwendigen, höheren Rüstungsausgaben mit diesem Wahlergebnis wahrscheinlicher geworden sein. Die deutsche Regierung war hier bislang in der Bremser-Rolle, die sie nun möglicherweise aufgeben muss.
Neben höheren Verteidigungsausgaben sind sicherlich mehr Investitionen in die Infrastruktur und niedrigere Unternehmenssteuern hoch oben auf der Prioritätenliste der Union. Zusammen könnte das der mauen Konjunktur in Deutschland durchaus einen Schub geben.

Aussicht auf Zweier-Bündnis stärkt Dax und Co.: US-Zollpolitik bleibt aber Gefahr für Kurskorrektur
Deutschland hat gewählt und eine erneute Dreier-Koalition ist vom Tisch. Die Aussicht auf Schwarz-Rot gibt den hiesigen Märkten zumindest im ersten Moment etwas Aufwind. Das liegt auch daran, dass die Erfahrungen der meisten Marktteilnehmer mit der Ampel-Regierung äußerst negativ waren. Dass es nun nur eine mögliche Koalition gibt, macht zwar die Verhandlungen nicht einfacher, dürfte sich aber insgesamt beschleunigend auf die Regierungsbildung auswirken. Somit ist eine lange Hängepartie mit hoher Wahrscheinlichkeit abgewendet. Das ist sehr positiv.
Über den heutigen Tag hinaus ist die Marktreaktion auf das Wahlergebnis vor allem vor dem Hintergrund der Kursentwicklung der jüngeren Vergangenheit zu sehen. Sowohl DAX als auch MDAX und SDAX konnten im Vorfeld der Wahl schon deutlich zulegen. Das liegt zumindest teilweise am erwarteten Kurswechsel der deutschen Politik. Durch die von der Union angekündigte Senkung der Unternehmenssteuern würden alle Firmen an der Börse profitieren. Die robuste Entwicklung der Nebenwerte – also im MDAX und SDAX – liegt vor allem an der Hoffnung, dass es unter einer neuen Regierung eine stärkere schuldenfinanzierte Investitionspolitik geben wird. Das war nach dem Bruch der Ampel bereits wahrscheinlicher geworden und dürfte in den Verhandlungen über eine Koalition von schwarz und rot deutlich an Kontur gewinnen. Damit ist der Wahlausgang vor allem eins: KEIN Grund für eine Korrektur.
Auch aus der internationalen Ferne betrachtet, ist das Narrativ des Aufschwungs europäischer Aktien weiter intakt. Die hiesigen Märkte sind nach der Outperformance der US-Indizes in den letzten Jahren viel günstiger als ihre US-amerikanische Konkurrenz. Zudem besteht die Hoffnung einer wirtschaftlichen Belebung durch steigende Rüstungs- und Infrastrukturausgaben. Klar ist aber auch, dass die Gefahren aus der US-Zollpolitik vom Markt derzeit weitgehend ausgeblendet werden. Die Einschätzung, dass Donald Trumps Zolldrohungen nur als Druckmittel zur Erreichung der eigenen Ziele genutzt werden, stellen ein erhebliches Korrekturrisiko dar – im Gegensatz zum deutschen Wahlergebnis.

Reform der Schuldenbremse unausweichlich: Bundrenditen werden steigen
Wie erwartet, zeigt der Staatsanleihemarkt kurz nach der Bundestagswahl wenig Reaktionen. Die Investoren sind im Vorfeld von einem schwarz-roten Bündnis ausgegangen. Es war deshalb bereits eingepreist. Trotzdem hat es sicherlich für etwas Erleichterung gesorgt, dass ein kompliziertes Dreierbündnis vermieden werden kann. Steht die neue Regierung, dürften mehr staatliche Investitionen, höhere Militärausgaben und steuerliche Erleichterungen für Unternehmen die wesentlichen Ziele sein. Das kostet alles viel Geld und wird nicht vollständig gegenfinanziert werden können.
Eine Reform oder die im Notfall bedingte Aussetzung der Schuldenbremse werden unausweichlich sein. Als Folge werden mehr Bundesanleihen als bisher emittiert werden. Das höhere Angebot wird der Markt zwar gut aufnehmen, aber nicht ohne eine höhere Rendite zu verlangen. Der Aufwärtstrend, insbesondere bei langlaufenden Bundrenditen, wird in diesem Jahr somit weiteren Rückenwind erfahren. Der bereits seit Monaten andauernde Trend der Spreadkonvergenz bei Staatsanleihen innerhalb der Eurozone dürfte sich nunmehr fortsetzen. Die Unterschiede bei den Zinsen und Renditen werden somit geringer, weil die Investoren glauben, dass die wirtschaftlichen Risiken in den EU-Ländern ähnlicher werden.

Euro im Seitwärtsgang: Bundestagswahl hat nur geringe Auswirkungen auf Gemeinschaftswährung
Der Euro reagierte im asiatischen Handel gegenüber dem US-Dollar zunächst mit moderaten Kursgewinnen auf den Ausgang der Bundestagswahl. Mit Beginn des europäischen Handels gab die Gemeinschaftswährung diese aber wieder ab. Insgesamt hat der Devisenmarkt die Wahlergebnisse also gelassen entgegengenommen – viel mehr als eine Seitwärtsbewegung ist beim Euro unterm Strich nicht geblieben. Die Worst-Case-Szenarien – von einer Dreier-Koalition bis zu unklaren Mehrheitsverhältnissen – sind ausgeblieben. Ob sich in Deutschland künftig wirklich etwas ändert, wird das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen zeigen. Im aktuellen Fokus des Währungsmarkts steht weiter die US-Politik. Die amerikanische Haltung zur Handels-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik ist das heißere Eisen als die Bundestagswahl.