„Jeder Tag ein Abenteuer“: Marcel Heinrichsmeier spricht über seinen Job als Krypto-Analyst
Um Bitcoin – die älteste Kryptowährung der Welt – ranken sich Mythen und das „digitale Gold“ wird von den meisten Menschen entweder belächelt oder vergöttert. Auch die DZ BANK beschäftigt sich intensiv mit Kryptowährungen. Ein Kollege, der das täglich macht, ist Marcel Heinrichsmeier. Der 26-Jährige arbeitet seit Januar letzten Jahres als Krypto-Analyst im DZ BANK Research. Im Interview erklärt er den aktuellen Höhenflug von Bitcoin und beschreibt, was seinen Job auszeichnet.
Bitcoin schielt in Richtung Allzeithoch – was sind die Gründe für den Höhenflug und wie geht’s weiter?
Die führende Kryptowährung zeigt derzeit eine bemerkenswerte Stärke und hat die Marke von 50.000 US-Dollar nach über zwei Jahren wieder durchbrochen. Seit Anfang Februar hat Bitcoin um mehr als 20 Prozent zugelegt. Dabei dürften auch die Zuflüsse in Bitcoin-Spot-ETFs eine Rolle spielen. Allein in der vergangenen Woche erreichten diese ein Nettovolumen von rund 2,3 Milliarden US-Dollar. In den nächsten Monaten könnte der Bitcoin weiteren Rückenwind vom im April anstehenden Bitcoin-Halving erfahren, bei dem die Anzahl der neu in den Umlauf kommenden Coins reduziert wird. In ihrer noch jungen Geschichte konnte die Kryptowährung im Vorfeld dieses etwa alle vier Jahre anstehenden Ereignisses häufig zulegen. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass es weiterhin keine sinnvollen Prognosemodelle oder einen intrinsischen Wert gibt, an dem sich der Kurs längerfristig orientieren kann. Auch dynamische Kursrückgänge sind jederzeit möglich.
Ist Bitcoin durch die Spot-ETFs nun salonfähig und interessant für verschiedene Investoren – von Pensionsfonds bis zu durchschnittlichen Kleinanlegern?
Spot-ETFs öffnen vor allem institutionellen Anlegern – mit traditionellen Finanzprodukten, günstigen Gebühren und hoher Liquidität – das Tor zur ältesten Kryptowährung der Welt. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es weiterhin viele kritische Stimmen gegenüber der Kryptowährung gibt. Gerade konservative Anleger wie Pensionsfonds oder Versicherungen dürften sich schwertun, in nennenswertem Ausmaß in die immer noch sehr volatile Kryptowährung zu investieren. Letztlich ist und bleibt die Meinung vieler Anleger zu Bitcoin gespalten und eine Investition ist nicht für jeden salonfähig. Es bestehen mittlerweile zahlreiche komfortable Wege, sich im Krypto-Segment zu engagieren, sowohl für größere Vermögensverwalter als auch für Kleinanleger.
Trotzdem – im letzten Jahr gab es eine ähnliche Entwicklung wie beim Gold. Kann die Kryptowährung zu einem „sicheren Hafen“ werden?
Der nüchterne Blick auf die Korrelation zwischen Bitcoin und Gold zeigt, dass im Jahresverlauf 2023 tatsächlich einige Parallelen im Kursverlauf zu erkennen waren – beispielsweise in den Wochen nach den Bankenturbulenzen Anfang März. Demgegenüber steht die Beobachtung, dass sich die Kryptowährung in den Jahren zuvor eher wie eine risikoreichere Anlageklasse verhalten hat und einen hohen Gleichlauf mit US-Aktienindizes aufwies. Wenn überhaupt, kann Bitcoin wohl eine gewisse Unabhängigkeit attestiert werden. Dies ändert nichts daran, dass die Kryptowährung gerade wegen ihrer hohen Volatilität ein Risikoinvestment bleibt.
Auch in deiner Masterarbeit hast Du dich mit der Kryptowelt beschäftigt – warum interessiert dich das?
Ich habe mich schon immer für Vermögensverwaltung und Kapitalmärkte interessiert. Während meines ersten Jobs – bei Allianz Global Investors – erhielt ich Einblicke in das Portfoliomanagement großer Aktienfonds. Vor einigen Jahren habe ich mich erstmals intensiv mit der Blockchain-Technologie und Kryptowährungen auseinandergesetzt und war von den Anwendungsmöglichkeiten dieser neuen Technologie begeistert. Im Rahmen meiner Masterarbeit hatte ich die Möglichkeit, meine Leidenschaft für Kapitalmärkte und Vermögensverwaltung mit der Blockchain-Technologie zu verbinden. Dabei habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob Kryptowährungen als Anlageklasse für institutionelle Investoren – insbesondere Versicherungen – in Frage kommen. Als Analyst für Krypto Assets im DZ BANK Research kann ich meiner Leidenschaft für dieses Thema auch beruflich nachgehen. Der Job erfordert große Flexibilität und ständige Lernbereitschaft.
Und was macht den Analystenjob in diesem Feld aus?
Kryptowährungskurse schlafen nie, auch die Nachrichten rund um das Segment überschlagen sich teils täglich. Zudem entwickeln sich die Technologie sowie die bekannten großen Blockchains stetig weiter. Man muss immer am Ball bleiben. Das macht den Job als Krypto-Analyst für mich aber umso spannender. Mit unserem bevorstehenden Krypto-Angebot für Privatkunden wird das Thema nicht nur für mich noch relevanter. Zudem ist es interessant zu beobachten, welchen Einfluss Faktoren wie die Geldpolitik oder auch Regierungen auf Bitcoin & Co. haben – etwa als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador oder der Zentralafrikanischen Republik. Im Krypto-Sektor ist und bleibt jeder Tag ein Abenteuer.