DZ BANK Research – Ausblick 2026:
Weltweite Fiskalausgaben federn Zölle ab / Deutschlands Wachstum ist ohne Reformen nur Strohfeuer / Börsen im Aufwind – keine KI-Blase / DAX erreicht 27.500 Punkte
Trotz zunehmender Beschränkung des Freihandels zeigt sich die Weltwirtschaft im neuen Jahr robust. Die DZ BANK Analysten rechnen mit einem Wachstum von drei Prozent. Ein Grund dafür, dass der Zollkonflikt nicht so stark durchschlägt, sind erhöhte Fiskalausgaben von zahlreichen Staaten. Deutschland wächst um ein Prozent. Grundlegende Reformen sind aber unabdingbar. Die Inflation ist hierzulande und im Euroraum vorerst besiegt. Das liegt vor allem an einer schwächeren Lohnentwicklung und günstigeren Energiepreisen. Nach einem weiteren Zinssenkungsschritt um 25 Basispunkte im Dezember wird die EZB im kommenden Jahr die Füße stillhalten. Mit 1,75 Prozent verharrt die Notenbank im neutralen Bereich. Die Federal Reserve dürfte ebenfalls ein neutrales Zinsniveau erreichen. Das gibt den Aktienmärkten Auftrieb. Für den DAX prognostizieren die Analysten bis zum Ende kommenden Jahres 27.500 und für den S&P 500 8.000 Zähler.
Amerikas BIP wächst 2026 laut DZ BANK Analysten um 2,3 Prozent. „Die Trump-Economy ist bisher überraschend erfolgreich“, sagt Jan Holthusen, der den Bereich Research und Volkswirtschaft leitet.
Steuersenkungen und Investitionsanreize machen Standort attraktiv
Kurzfristig dürfte sich die US-Wirtschaft schwerer tun. Das liegt insbesondere daran, dass sich das Konsumklima eintrübt. Viele Verbraucher sind wegen der Zollpolitik verunsichert. Zudem hakt es beim Beschäftigungsaufbau. Im weiteren Jahresverlauf wird diese Entwicklung jedoch von der Investitionsbereitschaft der Unternehmen ausgeglichen. Ein wichtiger Grund ist der „One Big Beautiful Bill Act“. Dieser ist zwar sozial unausgewogen, verbessert aber das Umfeld für Investitionen von Unternehmen. Ein weiterer Faktor, der die US-Wirtschaft stützt, sind KI-Ausgaben. „Allein im zweiten Quartal 2025 betrugen die Investitionen in Computer-Hardware und Software 338 Milliarden US-Dollar“, betont der Volkswirt.
Auf Seite der Verbraucher könnte das Konjunkturpaket die zollbedingten Belastungen etwas dämpfen. So gibt es zum Beispiel höhere Steuerfreibeträge auf Überstunden oder auf Einnahmen aus Trinkgeldern. Hinzu kommen Subventionen auf Autokredite. Die Staatsverschuldung nimmt dafür stark zu. Mit der Inflation geht es in den USA ebenfalls nach oben – von voraussichtlich 2,9 Prozent in diesem auf 3,3 Prozent im kommenden Jahr.
Euroraum: Staatliche Ausgaben und Binnennachfrage sorgen für Schub
Trotz des Zoll-Deals mit den USA lastet der weltweit zunehmende Protektionismus auf dem exportorientierten Kontinent. Für den Euroraum prognostizieren die DZ BANK Analysten ein Wachstum in Höhe von einem Prozent. Ab der zweiten Jahreshälfte dürfte sich die Wirtschaft dynamischer entwickeln. Dann wirkt sich vor allem das deutsche Fiskalpaket positiv aus, das auch die Binnennachfrage in der Eurozone stützen wird.
Deutschland wächst: Ohne Reformen aber kein nachhaltiger Aufschwung
Um der Wirtschaftsmisere und den veränderten Rahmenbedingungen entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität ins Leben gerufen. Das deutsche BIP wächst laut den DZ BANK Analysten 2026 um ein Prozent. „Über 500 Milliarden Euro zusätzliche Schulden für die nächsten zwölf Jahre sind eine Hausnummer. Mit Blick auf die derzeit kaum vorhandene Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und die marode Infrastruktur sind die Pakete sinnvoll. Sollte die Politik das Geld jedoch zum Löcher stopfen verwenden – vor allem bei konsumtiven Ausgaben – ist es ein Strohfeuer“, erläutert Jan Holthusen.
„Vom Herbst der Reformen ist noch nicht viel zu sehen. Deutschland muss Leistungs- und Arbeitsanreize neu definieren. Die neue Grundsicherung ist zwar ein erster Schritt – sinnvoller wäre aber eine Reduzierung des Regelsatzes bei gleichzeitiger Anhebung des aktuellen Steuerfreibetrags. Vor allem im unteren Lohnsegment muss sich Arbeit wieder lohnen“, so Holthusen. Auch bei der Rente seien Einschnitte unvermeidbar. „Die Bundesregierung will das Rentenniveau längerfristig bei 48 Prozent halten, obwohl immer weniger Menschen einzahlen – so steigt der Bundeszuschuss weiter an. Zudem werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber immer stärker zu Kasse gebeten.“ Damit der Standort wieder attraktiver wird, müssten Arbeitnehmer länger arbeiten oder das Rentenniveau gesenkt werden. Bei den Energiepreisen gehe es laut Holthusen in die richtige Richtung: „Der geplante Industriestrompreis mit immerhin 2.000 Empfängern ist ein wichtiger Impuls. Positiv ist zudem, dass ab dem kommenden Jahr die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft dauerhaft auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden soll.“ Er kritisiert aber, dass Handel und Dienstleister außen vor bleiben.
Weniger restriktiv: Fed folgt EZB auf neutrales Zinsniveau
Die EZB dürfte im Dezember die Zinsen um 25 Basispunkte senken. Bei einem Einlagensatz in Höhe von 1,75 Prozent ist zunächst Schluss. „Für das kommende Jahr erwarten wir keinen Zinsschritt. Die Inflation im Euroraum sollte das Notenbank-Ziel mit 1,9 Prozent sogar unterschreiten“, sagt Christoph Kutt, Leiter Fixed Income Research. Die stabile Preisentwicklung liegt vor allem am schwächeren Lohndruck und nachlassenden Dienstleistungspreisen. Zudem sorgt der starke Euro für günstigere Importe und die Energiepreise sinken. „Die Fed zieht nach und erreicht im nächsten Jahr ebenfalls einen neutralen Leitzins. Von der aktuellen Spanne zwischen 3,75 bis 4 Prozent geht es auf 3 bis 3,25 Prozent nach unten“, so Kutt. So will die Notenbank der Abschwächung des Arbeitsmarktes entgegentreten.
Risikoaufschläge bei Staatsanleihen nehmen zu: Corporate Bonds attraktiver
Sichere Benchmark-Staatsanleihen wie US-Treasuries und Bundeswertpapiere dürften 2026 bei den Investoren an Attraktivität verlieren. „Für zehnjährige amerikanische Bonds erwarten wir Ende 2026 eine Rendite in Höhe von 4,4 Prozent“, sagt Christoph Kutt. Das ist ein leichter Anstieg, weil die Risikoprämien nach oben gehen. „Das liegt vor allem an der immer höheren Staatsverschuldung“, so Kutt. Ein ähnliches Bild wie in den USA ergibt sich auch in Europa. „Deutschlands Verschuldung nimmt zu und Frankreich ist wirtschaftspolitisch schon länger unter Druck. Um an frisches Geld zu kommen, emittieren beide Länder mehr Anleihen – das Angebot wächst“, erklärt der Analyst. Für die zehnjährige Bundesanleihe erwartet das DZ BANK Research Ende 2026 eine Rendite von drei Prozent. Laut Kutt lohnen sich für Investoren im kommenden Jahr Unternehmens- und Bankanleihen im Investment-Grade-Segment umso mehr: „Die Entwicklung von Unternehmens-Bonds hängt zwar auch von der Politik in Staaten ab – Top-Firmen sind mit ihren Geschäftsmodellen aber global diversifiziert und das Angebot ist niedriger als im öffentlichen Sektor.“ Investment-Grade-Papiere liefern derzeit rund 3,4 Prozent Rendite. „Im Jahr 2026 erwarten wir einen Gesamtertrag von etwa 3,5 Prozent.“
Neue Rekorde: Fiskalpakete und KI beflügeln Aktienmärkte
Die weltweiten Börsen haben 2025 trotz handelspolitischer Spannungen eine gute Performance hingelegt. Ein Ende resilienter Aktienmärkte erwartet Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie und Privatkunden, auch im kommenden Jahr nicht. „Am Liberation Day war zu sehen, was für einen großen Einfluss einzelne Politiker auf die Märkte haben. Der Kurseinbruch war aber nur von kurzer Dauer. Wirtschaftspolitische Verwerfungen wurden in den meisten Fällen mit Zollabkommen beiseitegelegt, was den Firmen im kommenden Jahr helfen wird.“ Der Marktexperte rechnet bei den großen Indizes auch 2026 mit zweistelligen Wachstumsraten. Für den S&P 500 prognostiziert er zum Ende des Jahres 8.000 und für den DAX 27.500 Zähler.
Ein zentraler Grund für die guten Aussichten ist die Geld- und Fiskalpolitik in den USA und Europa. „Fed und EZB treffen sich 2026 im neutralen Zinsbereich. Die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen werden damit planbarer. Die US-Notenbank will zudem den Bilanzabbau beenden“, so Hettler. Hinzu kommen die erwarteten Gewinne. Für den US-Leitindex beträgt das prognostizierte Gewinnwachstum 14 Prozent.
Für den Erfolg der Aktienmärkte spielt KI eine entscheidende Rolle. Allein Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta werden ihre Investitionsausgaben 2026 auf über 400 Milliarden US-Dollar erhöhen. Eine Blasenbildung sieht Sören Hettler aber nicht: „Der überwiegende Teil dieser Investitionen entfällt auf den Aufbau physischer Infrastruktur – darunter der Bau hochspezialisierter Rechenzentren.“ Die Investitionen haben somit auch positive Auswirkungen auf andere Branchen. Hierzu zählen die Energieversorgung, Bauwirtschaft, Chiphersteller und Banken. „Ein Unterschied zu früheren Blasenbildungen ist außerdem, dass viele Tech-Firmen sehr liquide sind und die Investitionen zum großen Teil aus Eigenmitteln stemmen können. In Kombination mit dem Aufbau von langlebiger Infrastruktur wäre sogar bei einer kräftigen Marktkorrektur weiter Substanz vorhanden“, betont Hettler. Das Risiko liege somit weniger in der Frage, ob, sondern wann und wie stark sich die Investitionen real auszahlen.
Europas Wachstumstreiber sind insbesondere Verteidigungsausgaben. „2026 profitieren hiesige Unternehmen, die Kompetenzen in der militärischen Fahrzeug- und Systemtechnik, Luftfahrt und Verteidigungs-IT haben“, erklärt Sören Hettler. Dieser Trend dürfte nachhaltig sein. Bis 2035 wollen die NATO-Staaten jährlich fünf Prozent des BIPs in Verteidigung investieren. Mit Blick auf den Euro Stoxx 50 sind laut Hettler im nächsten Jahr neben Rüstungstiteln vor allem der Finanzsektor sowie Energie- und Versorgungsunternehmen attraktiv. Den deutschen Indizes hilft neben den freundlicheren globalen Bedingungen und den staatlichen Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit das Infrastrukturpaket der Bundesregierung. Zwar hängen vor allem die kleineren Indizes MDAX und SDAX an der deutschen Konjunktur. Allerdings sind auch im global ausgerichteten deutschen Leitindex Konzerne enthalten, die von einem lokalen Aufschwung und einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit des Standorts profitieren. Beim Blick auf die einzelnen Sektoren dürften im DAX 2026, neben dem Industrie- und Verteidigungsbereich, Technologieunternehmen und die Finanzbranche Auftrieb erfahren.
Eine breite Diversifizierung bleibt wichtig. Das liegt auch am Euro. „Die Gemeinschaftswährung ist gegenüber dem US-Dollar im Aufwind. Das gilt es bei Engagements außerhalb des Euroraums zu berücksichtigen“, sagt Sören Hettler. Zudem bleibe Gold für Anleger äußerst interessant. Die DZ BANK prognostiziert auf Jahressicht 4.800 US-Dollar je Feinunze.