27.04.2022

Der 24. Februar 2022 ist eine Zeitenwende für Europa und die gesamte westliche Welt, denn an diesem Tag marschierte Russland in die Ukraine ein. Sowohl für Sophia Oertmann, die seit zweieinhalb Jahren bei der DZ BANK als Analystin den Staatsanleihemarkt beobachtet, als auch für den langjährigen Chefanlagestrategen Christian Kahler, war dieser Tag eine Extremsituation. Trotzdem blicken die beiden nüchtern auf den Kriegsbeginn zurück. „Atomwaffen und der Kalte Krieg waren für mich bisher ein Relikt aus der Vergangenheit. Das ukrainische Leid ist für mich zudem kaum vorstellbar. In meinem Job muss ich trotzdem mit einer professionellen Distanz auf die Ereignisse schauen“, sagt Sophia Oertmann.

Sophia Oertmann arbeitet seit über zwei Jahren für die DZ BANK

Kühlen Kopf bewahren
Auch wenn es seit ihrem Start bei der DZ BANK fast nur den Krisenmodus gab – zunächst die Corona-Pandemie und nun den Krieg – bewahrt Sophia Oertmann einen kühlen Kopf: „Es ist unser Job, die Dinge in einen großen Kontext zu setzen – auch historisch. Der Krieg ist schlimm und verändert vieles. Leider gibt es militärische Auseinandersetzungen aber immer wieder.“ Ohne Sachlichkeit sei der Job des Analysten nicht möglich. „Am Ende des Tages sind wir für unsere Kunden da. Wir helfen, aktuelle Entwicklungen einzuordnen – nur so können wir unsere Finanzmarktprodukte sinnvoll anbieten“, ergänzt sie.

Trotzdem sei der Tag eine große Herausforderung gewesen: „Mit großer Geschwindigkeit nahm die Anzahl der Anrufe von Kollegen und Kunden zu. Wir mussten die Informationen schnell zusammenfassen. Dabei ging es vor allem um Analysen für unser VR-Bankenportal. Aber auch auf unserem Research Blog, der für alle Interessierten zugänglich ist, haben wir schnell Stellung bezogen.“

Chefanlagestratege Christian Kahler

Vom 11. September bis zum Ukraine-Krieg: Langjährige Erfahrung hilft, um mit Krisen umzugehen
Auch Chefanlagestratege Christian Kahler war mittendrin als Russland die Ukraine angegriffen hat. „Weil die Vorzeichen schon mehrere Tage vor dem 24. Februar auf Krieg standen, hatten wir bereits in der Vorwoche einen Krisenstab eingerichtet. Vor allem mit Kolleginnen und Kollegen auf Leitungsebene, aber auch mit Experten, die sich um Rohstoffe und Devisen kümmern“, erklärt Kahler, der die internationalen Aktienmärkte bereits seit 1999 – damals noch für die DG BANK – analysiert. Der 46-Jährige betrachtet Krisen als besondere Herausforderungen aber auch als Chance. „Einen Berufsalltag gibt es in unserem Job nicht – jeden Tag gibt es etwas Neues. Historische Ereignisse, wie der Ukraine-Krieg, sind fast immer mit unermesslichem Leid verbunden. Trotzdem stellen sie Weichen für die Zukunft und insbesondere in diesen Phasen kommt es darauf an, dass wir als Analysten da sind – für unsere Kunden, unsere Bank und auch für die breite Öffentlichkeit“, ergänzt er.

Das gehe nur durch eine schnelle Auffassungsgabe, Erfahrung und ein breit aufgestelltes Team. „In unserem Research arbeiten fast 80 Analysten, die verschiedenste Bereiche abdecken – von Aktien, über Fixed Income bis zu volkswirtschaftlichen Länderanalysen“, erläutert der Betriebswirt. „Diese Expertise müssen wir täglich bündeln – in Krisenzeiten noch stärker als sonst. Deshalb waren wir speziell zu Beginn des Krieges ständig miteinander in Kontakt – über alle möglichen Kommunikationskanäle hinweg.“

Die erste Woche des Krieges sei eine der anspruchsvollsten Perioden in der bisherigen Karriere des gebürtigen Sauerländers gewesen. „Die Verunsicherung in der genossenschaftlichen Finanzgruppe und bei unseren anderen Kunden war enorm – größer als zu Beginn der Corona-Pandemie. Deshalb müssen wir den Wissensdurst unserer Zielgruppen in diesen Phasen noch schneller als sonst stillen.“

Das Job-Profil: Autoren mit quantitativen Fähigkeiten
Christian Kahler selbst sei Analyst geworden, weil er sich schon zu Schulzeiten intensiv mit Wirtschaft und Politik beschäftigte: „Richtig angefixt wurde ich schließlich vom Neuen Markt, weshalb ich schon als Student zwei Aktienclubs gegründet hatte. Da war mir klar, Aktienmärkte will ich auch beruflich genau unter die Lupe nehmen.“ Als Analyst müsse man zum einen gut mit Zahlen umgehen können – zum anderen gehöre aber auch eine ordentliche Schreibe dazu.

Kommunikative Fähigkeiten seien für den Beruf ebenfalls unabdingbar: „Tagelang im stillen Kämmerlein Excel-Tabellen zu erstellen reicht nicht mehr. Allein im ersten Quartal des neuen Jahres habe ich fast 30 Vorträge gehalten.“ Um die Informationen noch kundenfreundlicher aufzubereiten, nimmt zudem die Relevanz von Bewegtbild zu. „Wir stehen auch regelmäßig vor der Kamera – zum einen für selbst produzierte Kundenvideos aber auch für klassische TV-Formate. Diese Abwechslung ist sehr reizvoll“, sagt der Aktienstratege.