Page 21 - Initiativbanking
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sich dann wieder schnell vom Feld. Viel- mehr gingen die eigenen Mitarbeiter mit großer Sorgfalt vor. Nach vier Jahren steti- ger Verbesserung arbeitet der neue, volldi- gitale „Zentrale Auftragskorb“, kurz ZAK, nun reibungslos und zur vollsten Zufrie- denheit. Was jedoch nicht bedeutet, dass er nicht täglich weiter optimiert wird. „Die Di- gitalisierung endet ja nicht an einem Punkt, sondern schreitet immer weiter voran“, sagt Eitel Kirchbach, Leiter Produktions- vorbereitung und Auftragssteuerung bei VR Leasing.
WERKSBESUCH BEI PORSCHE
Das ständige Projektteam nahm sich an- fangs bewusst die erforderliche Zeit, die ei- genen Verfahren und Prozesse zu durch- leuchten und kritisch zu hinterfragen. Zen- trale Erkenntnis: Bis dato arbeitete VR Lea- sing nach den Worten von Kerstin Scholz „eher wie eine Manufaktur, mit sehr vielen Produkten und zahlreichen Vertriebskanä- len“. Der starke Wettbewerbsdruck am Markt erforderte jedoch e zientere, schlankere Strukturen und einheitliche Prozesse. „Die hohe Standardisierung ist für unser Geschäft bislang noch unge- wöhnlich. Sie ist aber ein wichtiger Schritt hin zu mehr Digitalisierung und Automati- sierung. Im Vergleich zu anderen Unter- nehmen der Branche sind wir auf diesem Gebiet schon sehr weit“, bewertet Scholz den Istzustand.
Nicht ohne Grund wird die Finanzbranche heute häu g als „Industrie“ bezeichnet. Denn hier wie dort entscheiden die Güte und die Schnelligkeit der Prozesse über den Markterfolg. Wie Lean Management in der Praxis funktioniert und sich auf das ei- gene Geschäftsmodell übertragen lässt, stu- dierten die Mitglieder des Projektteams eine Woche lang bei den Autobauern von Porsche. Das Ziel Zu enhausen war be- wusst gewählt – „in Sachen Lean Manage- ment macht Porsche niemand etwas vor“, meint Kirchbach.
Den Finanzierungsexperten aus Eschborn überzeugte neben den datengetriebenen Teilelieferungen und durchgetakteten Ar- beitsschritten vor allem der große Team- spirit der Porsche-Belegschaft. Hier er- wuchs auch Kirchbachs zentrale Erkenntnis für das eigene Digi- talisierungsvorha-
ben: „Technik ist notwendig. Aber die hin- reichende Bedingung für den Erfolg eines solchen Vorhabens ist und bleibt der Mensch.“
REGE BETEILIGUNG ENTSCHEIDEND
Zurück in Eschborn, machten sich Scholz, Kirchbach und Co. sofort an die Arbeit. Un- terstützt durch die Berater von Porsche
66 %
ef zienter bearbeitet VR Leasing eingehende Kundenaufträge heute.
Consulting, nahm sich das Team des eige- nen Auftragsmanagements an. Jeder Stein wurde umgedreht, alles hinterfragt, jeder Mitarbeiter einbezogen. „Auch die Mitar- beiter in der Poststelle haben wir zu ihrer Meinung befragt“, erzählt Kirchbach. Denn nach wie vor erreichen VR Leasing viele Anfragen per Post.
Der „Zentrale Auftragskorb“ hat das Arbei- ten im Auftragseingang bei der VR Leasing Gruppe komplett verändert: „Kaum jemand im Team macht heute noch das, was er oder sie vor zwei Jahren getan hat. Und das ist gut so, denn die standardisierten Prozes- se bieten den Mitarbeitern nun wesentlich mehr Raum, anspruchsvollere Tätigkeiten auszuüben“, sagt Scholz.
Finanzierungsanfragen bis zu 200.000 Euro werden jetzt in der Regel binnen drei Minuten entschieden. Das reicht exakt für eine Tasse Ka ee, die der Firmenkunden- berater in der Bank liale vor Ort und sein Geschäftskunde trinken können, während das System die Anfrage für einen Mietkauf oder ein Leasingobjekt prüft. „Die Sofort-
entscheidung bei solch kleine-
ren Finanzierungen ist ein klares Leistungsversprechen unseres Hauses. Dazu zählt auch, dass das Geld innerhalb von 24 Stunden auf dem Konto des Kunden ist“, sagt Scholz. Bei höheren Kreditanfra- gen gibt es das individuelle Angebot binnen zwei Tagen – doch auch hier soll der Auto- matisierungsgrad weiter ausgebaut wer- den.
„Um dieses Leistungsversprechen einhal- ten zu können, brauchen wir ein Maximum an Transparenz. Wir müssen den vollstän- digen Überblick über sämtliche Auftrags- eingänge haben– und darüber, welche Mit- arbeiter mit welchen Fähigkeiten zur Ver- fügung stehen, damit wir jeden Vorgang mit der richtigen Priorisierung steuern können“, sagt Kirchbach. Mit Papierbergen, die von Büro zu Büro verschoben werden, wäre das unmöglich. Alle Vorgänge – ob per Brief, Telefon, Fax, Onlineformular oder E-Mail erfasst – werden daher digitalisiert bearbeitet. Alle noch vorhandenen oder eingereichten Unterlagen in Papierform werden gescannt – und landen im „ZAK“.
Wie es sich für ein Digitalisierungsprojekt gehört, muss sich der ZAK auch messen las- sen. Und er kann sich dabei sehr gut sehen lassen: Im Schnitt werden die Vorgänge nach Scholz' Worten heute um 66 Prozent e zienter bearbeitet. Rund 1.000 Doku- mente verarbeitet der ZAK täglich im Schnitt. Das nächste Ziel hat VR Leasing be- reits vor Augen: die durchgehende Automa- tisierung. Seit September ist mit der On- linebestellstrecke eine Lösung im Pilotbe- trieb bei ausgewählten Volksbanken Rai - eisenbanken, die es gewerblichen Kunden ermöglicht, Finanzierungen bis 60.000 Euro online nicht nur anzufragen – son- dern auch direkt abzuschließen.
WAS BLEIBT:
!
Das Beispiel „Zentraler Auftrags- korb“ macht deutlich: Die Digitalisie- rung ist ein langfristiger Prozess. Bisweilen sind viele kleine Schritte hintereinander Erfolg versprechender als ein großer Wurf.
INITIATIVBANKING 4/2017
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Foto: Porsche Consulting


































































































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