Page 17 - Initiativbanking
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ken außer Acht zu lassen. Dank moderner digita- ler Anwendungen lassen sich Risiken durch neue Scoringverfahren viel besser messen.
Von welchen Faktoren hängt ein erfolgreicher digitaler Wandel eigentlich ab? SCHARNER-WOLFF: Die Antwort ist kurz und ein- fach: Menschen, Menschen, Menschen.
Und die längere Antwort?
SCHARNER-WOLFF: Wichtig ist natürlich, den richtigen Zeitpunkt für eine Veränderung zu er- kennen. Im nächsten Schritt kommt es aber noch entscheidender darauf an, diese auch umzuset- zen. Und das geht eben nur mit fähigen und moti- vierten Mitarbeitern. Wir haben in unserem Kon- zern zwar auch viele kleinere Schnellboote und manches Start-up. Aber unseren Kern dominie- ren weiter große Unternehmen mit vielen Jahr- zehnten bis hin zu 100 Jahren Tradition. Die ver- ändern Sie nicht über Nacht. Sie benötigen eine Mannschaft, die den digitalen Wandel treibt und im Unternehmen verankert. Das erfordert von Führungskräften Entschlossenheit, mitunter auch die notwendige Härte. Wichtig bei jeder Veränderung ist es jedoch, stets an den Kunden zu denken. Wir wollen mit dem digitalen Wandel neue Kunden gewinnen, ohne bestehende Kun- den aus der analogen Welt zu verlieren.
Welche Rolle spielt die richtige Technologie?
SCHARNER-WOLFF: Hard- und Software sind wichtig, aber letztlich nur Tools. Und um diese Tools bedienen und richtig einsetzen zu können, benötigen Sie das richtige Personal. Also geht der Erfolgsweg immer nur mit der Kombination aus Mensch und Technik. Und nicht, wie immer kol- portiert wird, mit Technik statt Mensch.
ZEIDLER: Das kann ich voll und ganz unterschrei- ben. Um die Finanzindustrie erfolgreich ins digi- tale Zeitalter zu überführen, müssen wir den Kunden, dessen Geschäftsmodelle, aber vor al- lem die Menschen dahinter noch besser verste-
hen. Für die Einschätzung der Unternehmerper- sönlichkeiten und der Kultur eines Unterneh- mens benötigen wir erstklassig ausgebildete Be- rater. Dabei kommt es uns primär auf Sozial- kompetenz an und erst danach auf Fachwissen. Das ist ein starker Bruch mit der Vergangenheit, als Banken in allererster Linie auf Fachkompe- tenz setzten.
Mit welchen Maßnahmen nehmen Sie Ihre rund 50.000 Mitarbeiter mit auf die digitale Reise, Frau Scharner-Wol ? SCHARNER-WOLFF: Das verbindende Moment ist ein starker gemeinsamer Blick auf die Zukunft, auf die alles und alle verknüpfende strategische Idee. Dazu gehört eine transparente Kommunika- tion im Innern, indem wir o en über den ge- meinsamen Weg, bisherige Erfolge, aber durch- aus auch Rückschläge diskutieren. Das geschieht in einer Meetingkultur, die anders als früher nicht mehr hierarchisch organisiert ist. Heute binden wir alle gleichermaßen in den Dialog ein. Das machen wir in immer größeren Formaten,
ZUR PERSON:
Petra Scharner-Wolff,
Jahrgang 1971, ist seit Mitte 2015 im Konzernvor- stand der Otto Group verantwortlich für Finanzen, Controlling und Personal. Nach Abschluss ihres Studi- ums an der Universität Göt- tingen war die Diplom-Kauf- frau ab 1995 als Unterneh- mensberaterin bei der Gruppe Nymphenburg in München tätig.
1999 wechselte sie ins Controlling der Otto Group in Hamburg. 2007 wurde die verheiratete Mutter von zwei Kindern in die Geschäftsführung der Schwab Gruppe in Hanau berufen. Zweieinhalb Jahre später übernahm sie
die Sprecherfunktion der Geschäftsführung.
2012 wechselte Scharner- Wolff zurück nach Hamburg und übernahm die Position als Otto-Bereichsvorstand, verantwortlich für Personal, Steuerung und IT.
„ Die Finanzindustrie muss auf ihre Prozesse schauen. Von Otto können wir eine Menge lernen.“
STEFAN ZEIDLER
INITIATIVBANKING 4/2017
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Fotos: Bernd Nörig (4)


































































































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